Videokonferenz: Bericht aus dem Bundestag
Der anhaltende Krieg in der Ukraine, das Sondervermögen Bundeswehr, die galoppierende Inflation und die Arbeit der Ampelkoalition waren Thema beim nun mehr vierten „Bericht aus dem Bundestag“ des direkt gewählten Bundestagsabgeordneten Moritz Oppelt aus dem Wahlkreis Rhein-Neckar. Dieses Format ist eine Ergänzung zu der ebenfalls angebotenen Bürgersprechstunde für individuelle Bürgeranliegen.
Oppelt mahnte gleich zu Beginn seines Berichts an, dass die Bundesregierung mehr Tempo bei den Waffenlieferungen machen müsse. Zwar plane die Bundesregierung nun auch die Lieferung des Flugabwehrpanzers Gepard und die Lieferung von sieben Panzerhaubitzen sei bereits erfolgt, allerdings dürfe man, so Oppelt, nicht vergessen, dass der russische Angriff auf die Ukraine bereits vor über vier Monaten begonnen habe und die CDU/CSU-Bundestagsfraktion schon seit Beginn des Krieges auf schnelle Waffenlieferungen dringe, auch solche, die als „schwere Waffen“ bezeichnet werden. Seit Monaten höre man aus der Industrie, dass diese sofort verschiedene Panzermodelle liefern könnte. Hinzu komme, dass beispielsweise Spanien bereit wäre, Leopard-2-Panzer an die Ukraine zu liefern. Da diese aber aus deutscher Herstellung stammten, bedürfe die Lieferung der Genehmigung durch die Bundesregierung. Der CDU-Bundesabgeordnete hoffe, dass diese alsbald erteilt werde. Gleichzeitig könne er die Ausführungen der Bundesverteidigungsministerin Lambrecht nicht nachvollziehen, weshalb der Gepard geliefert werde, der Schützenpanzer Marder und die Kampfpanzer Leopard 1 und 2 jedoch nicht.
„Die Ukraine hat bereits mehrfach gegenüber der Bundesregierung den Wunsch geäußert und die Notwendigkeit betont, dass schwere Waffen nötig seien, um den russischen Angriff zurückzuschlagen. Ich könnte mir auch einen Ringtausch mit anderen NATO-Staaten vorstellen, die sowjetische Panzer an die Ukraine liefern und im Gegenzug deutsche Panzer erhalten. Wichtig ist nur, dass es hier schnell zu einer Einigung kommt. Etwa 20 % der Ukraine stehen gegenwärtig unter russischer Kontrolle und die russischen Kriegshandlungen richten sich weiterhin in einer furchtbaren Art und Weise gegen die ukrainische Zivilbevölkerung. Aus diesem Grund muss die Bundesregierung entschieden handeln und auch einmal eine Vorreiterrolle im Bündnis einnehmen“, so der CDU-Politiker.
Der Krieg in der Ukraine zeige eindrucksvoll, dass Frieden und Sicherheit keine Selbstverständlichkeit seien und dass es einer modernen und wehrhaften Armee bedürfe. Die NATO als Verteidigungsbündnis diene der Abschreckung und verbessere die Wehrhaftigkeit eines jeden Mitgliedsstaates. Dies zeigten auch die Beitrittsgesuche Finnlands und Schwedens zur NATO. Dennoch müsse jeder Mitgliedsstaat seine NATO-Verpflichtungen erfüllen. „Hierzu gehört selbstverständlich das Zwei-Prozent-Ziel der NATO. Ich bedaure deshalb, dass die Verteidigungsausgaben der Bundesrepublik Deutschland nur im Durchschnitt der kommenden maximal fünf Jahre 2 % des Bruttoinlandsprodukts betragen sollen. Bundeskanzler Olaf Scholz versprach ursprünglich, dass das Zwei-Prozent-Ziel unabhängig von den 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Bundeswehr erreicht werden sollte“, gab Oppelt zu bedenken. Er habe dennoch der Grundgesetzänderung, die notwendig gewesen sei, um das Sondervermögen mit einer eigenen Kreditermächtigung außerhalb des Kernhaushalts auszustatten, und dem Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens Bundeswehr zugestimmt, weil ihn der Investitionsstau in der Bundeswehr schon länger störe und es erstmals seit vielen Jahren wieder eine Mehrheit gegeben habe, um solch einen Schritt zu gehen.
Allerdings dürfe man nicht vergessen, dass es sich bei dem Sondervermögen nicht um ein Vermögen im eigentlichen Sinne handele, sondern um Mittel, die auf dem Kapitalmarkt durch die Emission von Staatsanleihen aufgenommen würden. Die Auslagerung der Kreditaufnahme aus dem Kernhauhalt in ein Sondervermögen umgehe zudem die Schuldenbremse, wodurch Bundesfinanzminister Lindner zwar für 2023 einen Haushaltsentwurf ohne Nettokreditaufnahme präsentieren könne, dies aber die Realität nicht widerspiegele, weil einige Extrahaushalte mit eigener Kreditermächtigung nicht in die Berechnung der Schuldenbremse einflössen.
Es sei indes vor dem Hintergrund der steigenden Renditen auf Staatsanleihen und der bevorstehenden Zinswende durch die Europäische Zentralbank (EZB) Vorsicht vor einem weiteren Anstieg der Staatsschulden geboten.
In diesem Zusammenhang kam der Parlamentarier auf die höchste Inflation seit fast 50 Jahren zusprechen: „Wir alle merken, dass insbesondere die Energie- und Lebensmittelpreise steigen. Die Unionsfraktion hat einen Antrag in den Bundestag eingebracht, um die Auswirkungen der Inflation auf die Haushalte und die Unternehmen zu begrenzen, denn die Maßnahmen der Bundesregierung gegen diese hohe Inflation reichen nicht aus. Klar ist aber auch, dass die Inflationsbekämpfung und die Gewährleistung der Preisstabilität in erster Linie Aufgabe der EZB sind.“ Oppelt und die Fraktion forderten in ihrem Antrag, dass die Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro auch an Rentner, Studenten und Empfänger gewisser Lohnersatzleistungen wie Elterngeld oder Arbeitslosengeld gezahlt werde. Außerdem sollte die Inflation im Einkommensteuertarif berücksichtigt werden, denn die Steuerlast steige wegen der Inflation bei gleichbleibenden Einkommen real. Dieser Sachverhalt, der unter dem Begriff „Kalte Progression“ bekannt ist, ist für Oppelt eine große Ungerechtigkeit: „Der Staat profitiert von der steigenden Inflation durch die Reduzierung der realen Schuldenlast und durch zumindest nominell höhere Einnahmen. Deshalb muss der Einkommensteuertarif über den Grundfreibetrag an die Inflation angepasst werden.“ Eine zusätzliche Entlastung könnte die erhöhte Pendlerpauschale ab dem ersten und nicht erst ab dem 21. Kilometer darstellen.
Nichtsdestotrotz seien auch die staatlichen Möglichkeiten begrenzt, wie Oppelt auf Nachfrage eines Teilnehmers bestätigte, der sich angesichts der steigenden Staatsausgaben Sorgen mache. „Es ist wichtig, dass die Bundesregierung Prioritäten im Rahmen der Schuldenbremse setzt und mit gutem Beispiel in der Europäischen Union vorangeht, auch wenn die europäischen Fiskalregeln bis 2023 ausgesetzt bleiben“, mahnte Oppelt.
Die Koalition lehnte den Antrag jedoch am Donnerstag, 23. Juni 2022, ab.
Angesprochen auf die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro brutto pro Stunde zum 1. Oktober dieses Jahres, sagte der CDU-Abgeordnete, dass er sich nicht an der Erhöhung des Mindestlohns störe, sondern wie die Erhöhung zustande gekommen sei. 2015 habe man sich darauf geeignet, dass die Mindestlohnkommission aus je drei Vertretern der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberseite unabhängig von der Politik die Höhe des Mindestlohns festlege. „Leider haben sich die Befürchtungen bewahrheitet, dass es in der Politik zu einem Überbietungswettbewerb um die Höhe des Mindestlohns kommen wird. Ich hoffe, dass dies wirklich eine einmalige durch die Politik bestimmte Erhöhung des Mindestlohns sein wird. Sinnvoller wäre es gewesen, das Mindestlohngesetz dahingehend anzupassen, dass die Mindestlohnkommission nicht mehr alle zwei Jahre, sondern jährlich über den Mindestlohn entscheidet“, äußerte sich der Parlamentarier.
Außerdem seien bei einer Mindestlohnerhöhung um 22 % beziehungsweise rund 15 % – der Mindestlohn wird zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro brutto pro Stunde erhöht – die Kontrollen zur Einhaltung des Mindestlohns bedeutend zu erhöhen. (Text: Lance Neidig)